Rhythmus und Feste in unserer Schule
Die Feste im Jahreslauf haben an der Waldorfschule eine besondere Bedeutung. Sie folgen nicht nur den christlichen und jahreszeitlichen Rhythmen, sondern schenken den Kindern Orientierung, innere Bilder und ein tiefes Erleben der Natur und des menschlichen Lebens. Jedes Fest hat seine eigene Stimmung und Botschaft, die den Entwicklungsweg der Kinder begleiten und bereichern.
Januar: Die Heiligen Drei Könige (6. Januar)
Mit dem Fest der Heiligen Drei Könige klingt die Weihnachtszeit aus. Die drei Weisen aus dem Morgenland symbolisieren das Streben nach Erkenntnis und das Vertrauen auf den eigenen Weg. Dieses Fest führt vom strahlenden Licht der Weihnachtszeit in den stillen Winter, eine Zeit der Innenschau.
Februar: Maria Lichtmess (2. Februar)
An Maria Lichtmess werden die Tage spürbar länger. Das Licht kehrt zurück, und so beginnt auch in der Natur eine vorsichtige Bewegung hin zum Frühling. In der Waldorfpädagogik steht dieses Fest für Reinigung, innere Klärung und die Bereitschaft für Neues.
Fasching (beweglich, Februar/März)
In den Unterstufenklassen wird Fasching mit fantasievollen Verkleidungen gefeiert – passend zu den aktuellen Unterrichtsthemen. So tauchen die Kinder spielerisch in die Welt der Märchen, der Handwerksberufe oder der Tiere ein. Freude, Ausgelassenheit und Kreativität stehen im Mittelpunkt.
Ostern (beweglich, März/April)
Ostern ist das Fest der Auferstehung und des Neubeginns. In der Natur erwacht das Leben, und auch die Kinder spüren die wachsende Kraft des Frühlings. Die Klassen erleben Ostern oft durch gemeinsames Singen, Geschichtenerzählen oder das Bemalen von Eiern als Zeichen des Neubeginns. Auch auf dem Hof Loheland ist das Erwachen eines neuen Jahres für die Kinder unmittelbar zu erleben. In diesem Jahr freuen wir uns besonders auf die Ziegenlämmer.
Mai: Maifeiern (um den 1. Mai)
Der Frühling ist nun in voller Kraft. Manche Schulen feiern kleinere Maifeiern mit Liedern, Tänzen und bunten Bändern. Der Maibaum symbolisiert das Wachsen und Aufblühen des Lebens.
Juni: Sommerfest & Johannifest (um den 24. Juni)
Das Johannifest markiert die Sommersonnenwende – der Höhepunkt des Lichtes im Jahreslauf. Dieses Fest lädt dazu ein, über das innere Feuer nachzudenken: Was entfaltet sich in mir? Was leuchtet auf? Oft wird es mit großen Feuern, Tänzen und fröhlichen Feiern begangen. Es krönt mit dem Höhepunkt des Sommers in jedem Jahr auch den Höhepunkt unserer gemeinsamen Feste.
Sommerferien & Neubeginn im September
Nach einer Phase des äußeren und inneren Wachstums zieht sich die Natur langsam zurück. Die Sommerferien geben den Kindern Zeit, Erlebtes zu verarbeiten, bevor ein neuer Schulabschnitt beginnt.
September: Michaelifest (29. September)
Das Michaelifest ist eines der bedeutendsten Feste im Waldorfjahr. Erzengel Michael steht für Mut, innere Stärke und den Kampf gegen den „Drachen“ – die eigenen Ängste und Zweifel. Gerade für Kinder ist dies eine wichtige Botschaft, um gestärkt in die dunklere Jahreszeit zu gehen. In vielen Waldorfschulen ist der Tag begleitet von Mutproben und der Herausforderung der Willenskräfte der Kinder. In den letzten Jahren haben wir als Schulgemeinschaft, nach einer internen Monatsfeier, den Drachen auf dem Neubauplatz verwandelt.
November: Sankt Martin (11. November)
Sankt Martin erinnert an Mitgefühl und Nächstenliebe. Die Legende vom Teilen des Mantels zeigt den Kindern, dass ein kleines, bewusstes Handeln viel bewirken kann. Das Laternenlaufen mit seinen leuchtenden Lichtern in der dunklen Jahreszeit ist ein eindrucksvolles Erlebnis für Groß und Klein.
Dezember: Advent & Adventsgärtlein
Die Adventszeit ist eine besinnliche, erwartungsvolle Zeit. Besonders das Adventsgärtlein, ein spiralförmig gelegter Weg aus Tannenzweigen, ist ein zentrales Erlebnis für die jüngeren Kinder. In einem abgedunkelten Raum betreten sie nach und nach die Spirale, in der Mitte leuchtet eine große Kerze. Jedes Kind trägt eine kleine, noch unentzündete Kerze auf einem Apfel in die Spirale und entzündet sie an der großen Kerze. So wächst das Licht im Raum, ein tief berührendes Bild für die innere Lichtkraft, die jeder Mensch in der dunklen Jahreszeit in sich trägt. Wir feiern das Adventsgärtlein stimmungsvoll im Gewölbe des Franziskusbaus.
Verschiedene Heilige begleiten uns mit ihren Symbolen bis zum Heiligen Abend:
• Heilige Barbara (4. Dezember) – Ihr Zweig, der zu Weihnachten blüht, symbolisiert Hoffnung und Verwandlung.
• Sankt Nikolaus (6. Dezember) – Er verkörpert Weisheit und Mitgefühl. In liebevoller Atmosphäre erzählt er den Kindern von ihren guten Taten und spricht ihnen Mut zu.
• Heilige Lucia (13. Dezember) – Ihr Lichtfest erinnert daran, dass auch in tiefster Dunkelheit Licht und Wärme in uns wohnen.
• Maria (24. Dezember) – Mit ihr erreicht der Advent seinen Höhepunkt: das Weihnachtsfest, das Fest der Geburt des inneren Lichtes.
Heiliger Abend und die Oberuferer Weihnachtsspiele
Am Heiligen Abend gipfelt die Adventszeit im Weihnachtsfest. Die Geburt des Lichtes in der dunkelsten Zeit des Jahres ist ein uraltes Symbol für Hoffnung, Neubeginn und inneres Wachstum.
An vielen Waldorfschulen werden in dieser Zeit die Oberuferer Weihnachtsspiele aufgeführt – eine alte süddeutsche Tradition, die Rudolf Steiner in die Waldorfbewegung aufgenommen hat. Diese Spiele bestehen aus drei Teilen: dem Paradeisspiel, das den Sündenfall zeigt, dem Christgeburtsspiel, das die Geburt Jesu in volkstümlicher, berührender Weise erzählt, und dem Dreikönigsspiel, das die Weisen aus dem Morgenland auf ihrer Suche nach dem neugeborenen Kind begleitet.
Gespielt werden diese Stücke oft von Lehrer:innen und Eltern – ein besonderes Erlebnis für die Schulgemeinschaft. Sie verbinden Humor, Ernst und Tiefe und schenken allen Zuschauern ein lebendiges, warmes Bild der Weihnachtsbotschaft.
Rhythmus = Orientierung und Geborgenheit
Die Feste schenken den Kindern Orientierung und Geborgenheit. Sie verbinden Natur, Mensch und Jahreslauf auf sinnliche Weise und laden dazu ein, den Rhythmus des Lebens bewusster zu erleben. Deshalb feiern wir tatsächlich in der Hauptsache die Feste der westlich geprägten Kulturkreise, deren äußere Bilder für die Kinder hier unmittelbar zu erleben sind. Wir achten in höchstem Maße auch die Feste anderer Kulturen, die immer wieder unsere Unterrichte in den verschiedenen Jahrgangsstufen bereichern.