Das Modell des bewegten Klassenzimmers an der Waldorfschule
Das Modell des bewegten Klassenzimmers basiert auf der Erkenntnis, dass Bewegung ein zentraler Bestandteil des Lernprozesses ist. In diesem Konzept wechseln die Schülerinnen und Schüler nicht nur zwischen verschiedenen Unterrichtsmethoden, sondern werden auch aktiv in den Lernprozess eingebunden, indem Bewegung in den Unterricht integriert und die eigene Lernumgebung aktiv mitgestaltet wird. Dies fördert die Konzentration, die Körperkoordination und die nachhaltige Verinnerlichung der Lerninhalte.
Seinen Ursprung hat das bewegte Klassenzimmer in der Waldorfschule Bochum-Langendreer, wo es im Jahr 2000 erstmals umgesetzt wurde. Die Idee war es unter anderem, eine Lernumgebung zu schaffen, die den natürlichen Bewegungsdrang der Kinder aufgreift und ihn gezielt für den Wissenserwerb nutzt, sowie den Kindern, die aus einem immer weniger bewegten Alltag in die Schule kommen, die Gelegenheit zu bieten, in ihrer Sinnesentwicklung gesund nachzureifen. Gesunde Sinne sind die Grundlage gesunden Lernens.
Das Mobiliar aus unserer Loheland-Tischlerei
Ein essenzieller Bestandteil dieses Modells ist das speziell angefertigte Mobiliar, das in unserer eigenen Loheland-Tischlerei gefertigt wird. Die Möbel sind nicht statisch, sondern flexibel gestaltet, sodass sie leicht umgestellt werden können und verschiedene Lern- und Bewegungsformen unterstützen. Dazu können gehören:
- Steh- und Sitzpulte, die den Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ermöglichen
- Ergonomische, bewegliche Bänke, die kleine, natürliche Bewegungen während des Sitzens fördern
- Mehrzweckmöbel, die sowohl als Sitzgelegenheit als auch als Stauraum oder Tische genutzt werden können
- Niedrige Tische und Hocker, die bodennahes Arbeiten ermöglichen, um verschiedene Körperhaltungen im Lernprozess einzubinden
Dieses Mobiliar fördert nicht nur eine gesunde Körperhaltung, sondern unterstützt auch den aktiven, kreativen und flexiblen Unterrichtsansatz.
Die Bedeutung der Bewegung für die Sinnesentwicklung und das Lernen
Bewegung ist essenziell für die Sinnesentwicklung und spielt eine Schlüsselrolle beim Lernen. Durch Bewegung werden verschiedene Sinne gleichzeitig angesprochen: der Gleichgewichtssinn, der Tastsinn und die Tiefensensibilität. Diese sensorische Integration führt dazu, dass Lerninhalte nicht nur kognitiv erfasst, sondern auch emotional und körperlich verankert werden.
Das bewegte Lernen sorgt dafür, dass Wissen nicht nur „verstanden“, sondern verinnerlicht wird. Ein Kind, das mathematische Konzepte durch rhythmische Schritte oder geometrische Formen durch Körperbewegungen erlebt, speichert diese Informationen viel nachhaltiger ab. Die Aktivierung des gesamten Körpers beim Lernen trägt dazu bei, dass sich Lerninhalte tief im Gedächtnis verankern.
Unsere individuelle Weiterentwicklung des bewegten Klassenzimmers
In unserer Waldorfschule haben wir das Modell des bewegten Klassenzimmers weiterentwickelt, indem wir nicht nur das Mobiliar und die Raumgestaltung an die Bedürfnisse der Kinder angepasst haben, sondern auch den Lernraum in die Natur erweitern. Unser natürliches Umfeld – insbesondere der Wald – ist ein fester Bestandteil der Lernerfahrungen geworden.
Der Wald dient uns dabei nicht nur als Erweiterung des Klassenzimmers, sondern oft als eigenständiges „grünes Klassenzimmer“. Hier finden Unterrichtseinheiten statt, die Bewegung mit Naturerfahrungen verbinden. Beispielsweise werden Mathematikaufgaben durch das Sammeln und Ordnen von Naturmaterialien veranschaulicht, Geschichten und Gedichte durch Bewegungsspiele im Wald erlebt oder biologische Themen direkt vor Ort erforscht.
Diese Kombination aus bewegtem Lernen und direkter Naturerfahrung stärkt nicht nur die kognitive Entwicklung, sondern auch das Umweltbewusstsein und die Verbindung zur natürlichen Umgebung. Das Zusammenspiel von individuell gestaltetem Mobiliar, flexibler Raumgestaltung und dem Einbeziehen der Natur schafft eine Lernumgebung, die ganzheitliches, nachhaltiges Lernen ermöglicht.